Urlaubsreflexion

Es war eine wunderbare Woche — und ist noch nicht zu Ende! Das Kommentar über Kinder hat mich begleitet und ich merke, das hat was! Eine ganze Woche lang kein Soll oder Muss. Wie früher die Schulferien — lange Tage, jeden Morgen erst die Entscheidung: „Was mache ich heute?“ Eine Leichtigkeit und fast Absichtslosigkeit prägte die Stimmung. Fast alles auf der „Liste der Möglichkeiten“ habe ich erledigt — und das mit Freude, da kein Druck vorhanden war.

Meine Tochter habe ich ein paar Mal getroffen und ihr gesagt, dass sie der einzige Mensch ist, den ich getroffen hatte. Erst am Donnerstag kam eine Freundin/ehemalige Arbeitskollegin zum Kaffee und Kuchen vorbei. Wir verbrachten einen gemütlichen Nachmittag und erzählten uns, was sich in den letzten sieben Monaten getan hat — persönlich und bei der Arbeit. Es kam ein Hauch Wehmut hoch als ich mich erinnerte, wie schön die Zusammenarbeit mit dem damaligen Team war. Wir sind uns persönlich sehr nahe gekommen und haben viel miteinander philosophiert. Das war eine schöne Zeit und ich bin dankbar für die Erfahrung.

Viel frische Luft und Sonne tanken war auch eine Möglichkeit, die ich gerne in Anspruch genommen habe. Spazieren, inline skaten, am Balkon in der Sonne sitzen und die Rosen bewundern. Die Rosen sind in voller Blüte und es weht ein himmlischer Duft wenn ich hinaus gehe. Gestern bin ich mit einer Freundin von Bregenz nach Lindau mit den Skates gefahren. Wir hatten so viel zu erzählen, dass uns die 1 1/2 Stunden in jeder Richtung wie höchstens eine halbe Stunde vorkamen. Dort sind wir eine Runde gebummelt und haben auf einer Dachterrasse mit Blick aufs „Meer“ zu Abend gegessen, bevor wir zurück skateten. Am Abend war in Bregenz der Hafenfest. Wir gönnten uns zum Ausklang Pina Coladas, während wir die Musik und den Abendhimmel genossen. Es war fast kitschig schön!

Langsam freue ich mich sogar wieder auf die Arbeit. Die Erholung ist richtig eingefahren. Ich hatte Zeit zu lesen, viel schlafen, einfach zu Ruhe kommen. Nachdem ich das ausprobiert habe, empfehle ich es gerne weiter. Ein Urlaub voller Freiheit, nur mit „Möglichkeiten“ als Programmpunkte, das tut gut! Egal ob wenige Tage, eine Woche oder zwei, Erholung ist möglich!

Das werde ich mir beibehalten, eine solche Liste zu schreiben — vielleicht hänge ich sie wo auf und schreibe einfach etwas dazu, wenn es mir einfällt. Ich denke, das ist auch eine Möglichkeit, vor Fressattacken vorzubeugen. Wie leicht ist es, in eine Attacke hinein zu rutschen, weil „Freizeit“ vorhanden ist und genau in dem Moment fällt keine Alternative dazu ein — vor allem, keine lustvolle Alternative. Manche Fressattacke entsteht nur aus dem Bedürfnis, sich zu entspannen, abzuschalten. Ein Weg aus diesem Verhalten ist, sich vorher zu überlegen, was sonst gut tun könnte.

Will ich damit sagen, dass Fressattacken gut tun? Gewisserweise schon, sonst würden sie nicht vorkommen. Ich meine, sie erfüllen eine Funktion und die Herausforderung ist, diese Funktion zu erkennen und dann andere Alternativen zu finden. Die anderen Alternativen können den Vorteil haben, dass es dir danach auch gut geht — was bei einer Fressattacke kaum der Fall ist. Das Völlegefühl ist unangenehm. Nach dem Kotzen füllt sich kaum jemand wohl — außer, dass eine Erleichterung stattfindet. Abführmittel ist ebenfalls nicht gerade wohltuend.

Sicher, es spielen viele Faktoren mit, und bei einer Essstörung geht es nicht NUR darum, das Verhalten zu ändern. Es waren tiefe seelische Verletzungen, die Heilung brauchten, aber die schlichte Gewohnheit trug ebenfalls dazu bei, dass es bei mir so lange dauerte. Irgendwo kann man anfangen — Verhalten unter die Lupe nehmen und Veränderungsmöglichkeiten ausprobieren, therapeutische Unterstützung holen. Die Entwicklung geht dann oft Hand in Hand — ein bisschen Einsicht, Verarbeitung, und Ausprobieren neuer (oder lang vergessener) Verhaltensweisen.

Bei „lang vergessen“ fällt mir ein — in jeder von uns stecken viele Erfahrungen, Ressourcen, Fähigkeiten, die schlummern, frühzeitig abgewürgt wurden, sich noch nicht entwickeln konnten, oder einfach vergessen wurden. Bei der Genesung (und überhaupt im Leben, wie es oft so ist), müssen wir gar nicht alles neu erfinden. Wir haben schon sehr viel in uns. Es braucht „einfach“ Impulse, Freiräume, geschütze Rahmenbedingungen und Ziele.

Wenn ein Ziel vorhanden ist (sprich: positiv formuliert, realistisch, überprüfbar), dann kann ich auf etwas hin arbeiten. Früher war es bei mir eher: „Ich will nicht mehr…“ Das Universum (und meine Seele) hört „nicht“ nicht, und achtet eher auf den restlichen Inhalt. Vergleiche: „Ich will nicht mehr kotzen/hungern.“ und „Ich will das essen, was mir gut tut.“ Ein riesen Unterschied. Wenn ich das essen will, was mir gut tut, gehe ich die Sache ganz anders an. Da kann ich schon Unterziele formulieren, überlegen, wie ich vorgehe. Bei „Ich will nicht mehr kotzen/hungern“ finde ich keinen Anhaltspunkt, nur „kotzen“ bzw. „hungern“.

Oje! Das ist etwas länger geworden! Ich wollte „nur“ sagen, dass es eine wohltuende Woche war und den Tipp mit der „Möglichkeitsliste“ weitergeben. Ich wünsche euch ein schönes Wochenende!

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