Intensität

Jänner ist bald vorbei. Das Jahr hat kraftvoll begonnen und zeigt sich schon mit voller Intensität. Viele Herausforderungen und Lernprozesse bieten sich an. Nicht nur bei mir. Das habe ich in einer früheren Post schon erwähnt, aber es macht sich zunehmend bemerkbar. Eine andere Energie oder Schwingung liegt in der Luft.

Bei mir ist es eine dichte Zeit. Arbeit, Weiterbildung mit viel Selbsterfahrung, emotionale Prozesse mit Freundinnen und Familie — und in mir. Wenn ich kein Vertrauen hätte, würde es mich wahrscheinlich umhauen. Die Vielfalt und Menge von Verpflichtungen zwingt mich dazu, meine Zeit besser einzuteilen und Prioritäten zu setzen. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, mich mit der Perfektionserwartung auseinander zu setzen. Durch die Fülle ist es unmöglich, alles Perfekt zu machen — was eh nicht möglich ist. 🙂 Wieder einmal lerne ich wie es sich anfüllt zu sagen: „Ich tue mein Bestes und das ist genug. Es reicht.“ Das hat eine befreiende Qualität.

Eine zusätzliche Herausforderung dieser Zeit ergibt sich daraus, dass bei einigen lieben Menschen ebenfalls „starke Prozesse“ im Gange sind. Auf der einen Seite, bete ich und denke an sie. Ich schicke ihnen Licht und Liebe. Jedoch auf der anderen Seite, erkenne ich, dass auch sie ihren Weg gehen müssen. Ja, müssen. Ausnahmsweise. Müssen und sollen sind Worte, die ich nicht besonders mag. Auch wenn es mich schmerzt, ich lasse los und habe Vertrauen, dass auch sie ihre Ressourcen haben und diese nützen können. Sie haben ebenfalls ihre Lernprozesse — unbequeme Geschenke vom Universum.

Die Sichtweise, dass solche Aufgaben Geschenke sind, hilft mir schon lange. Diese Erkenntnis gebe ich weiter — und entdecke sie immer wieder aufs Neue. Die Erleuchtung habe ich nicht im Hosensack. 😉 Sie gibt Kraft, Zuversicht und Mut. Gerade gestern hatte ich mit jemandem ein Gespräch. Bei ihr türmen sich die Ereignisse und sie fühlt sich überfordert. Gemeinsam haben wir die Situation durchleuchtet und das Positive gesucht. Sie fühlte sich bestärkt. Diese schwierige Zeit ist mehr als nur etwas Unangenehmes, das sie irgendwie durchstehen muss. Sie bringt mit sich die Gelegenheit, sich vom Alten zu lösen, neue Wege zu finden, und zu entdecken, dass sie auch fähig ist, sich damit auseinander zu setzen und die Aufgaben zu bewältigen. Ich war froh, etwas Erleichterung herein bringen zu können. Denn die Person ist meine Mutter. Sie wohnt ganz weit weg und diese Woche war ich traurig, dass ich nicht bei ihr sein und sie begleiten kann. Aber so ist es. Mehr als Telefonieren ist im Moment nicht möglich. Ich spüre den Schmerz, bin aber zuversichtlich. Auch sie ist in ihrem Prozess drinnen und sie wird es schaffen.

Wieder nachdenklich

Letzte Woche war ich bei einer Tagung über Jugendgesundheit. Eine Referentin hat über Mädchengesundheit gesprochen und mich wieder einmal nachdenklich gestimmt. Mit welchen Bildern wachsen Mädchen auf? Mit welchen Vorbildern? Wie werden wir hier im Westen in die Welt der Erwachsenen eingeweiht?

Wenn ich auf meine eigene Kindheit und Jugend zurückblicke, macht sich anerworbene Unzufriedenheit bemerkbar. Nein, während der Kindheit war ich eigentlich zufrieden — abgesehen davon, dass ich lieber klein und blond sein wollte. Mein Name hat mir auch nicht gefallen. Doch war das alles kein Drama. Ich las viel, war eine bemühte Puppenmutter, kümmerte mich um die Katzen und spielte viel im Wald.

Als Jugendliche (damit meine ich 12-14 Jahre alt) war ich gierig nach Information über das Erwachsenwerden. Ich konnte es kaum erwarten, selbst erwachsen zu sein! Zusätzlich zu den vielen Büchern fing ich an, Jugendillustrierte zu lesen. Damals waren auch Diätinfo und „Fit für den Sommer“ aktuell. Nebenbei bemerkt, meine (schlanke) Mutter war ständig auf Diät. Gierig las ich nach, wie meine Lieblingsschauspielerin schlank und fit blieb. Sie spielte in einer Fernsehserie mit und war vielleicht fünf Jahre älter als ich. Im Interview erzählte sie von ihrer Disziplin und den bereitgestellen Karottensticks im Kühlschrank. Ich war schwer beeindruckt!

Heute frage ich mich, ob das nicht wie ein ritual wirkt. Spätestens in der Pubertät fangen wir an, über unseren Körper zu lästern. Wenn es mal in einer Frauenrunde um den Körper geht, kann jede eine Eigenkritik anbringen. Gehört das zum Frauwerden /Frausein dazu? Gehöre ich damit dazu? Werde ich mit diesem Verhalten auch „aufgenommen“?

Die Referentin fragte: Wie käme es an, wenn ich sagen würde: „Also, ich glaube ich habe eine ganz tolle Figur und bin mit mir zufrieden. Findet ihr das nicht auch?“ Gesundes Selbstbewusstsein? Da läuft frau gefahr, als eingebildet abgestempelt zu werden. Nein, das ist nicht meine Meinung! Das erzählen mir Mädchen heute. Immer wieder höre ich, wie sie aufpassen müssen, damit sie nicht als eingebildet wirken. Also lieber eine gemeine Selbstkritik. Die kommt besser an!

Übrigens zu meiner Sozialisation gehörte auch, dass man (eher „frau“) vor einem Fest, vor einer Hochzeit oder sonstigem Anlass, Diät machte. Ein paar Kilos abzunehmen gehörte zum guten Ton. Zur Motivation diente natürlich ein Kleid dazu, dass gerade noch passte — oder sogar eine Nummer zu klein gekauft wurde. Ich bekam das irgendwie fast eingeimpft, dass es notwendig/normal ist.

Und die Schauspielerin die ich oben erwähnte…sie blieb schlank mit ihren Karottensticks im Kühlschrank. Ach, das fand ich toll — und bewundernswert! Denn mir fiel meistens etwas anderes zum Knabbern ein. Komischerweise habe ich als Kind nicht so viel geknabbert. Das Verhalten entstand erst als ich meinte, ich sollte nicht so viel knabbern und sollte lieber abnehmen. Dann ging es los, nur noch an das Essen zu denken.

Ach, ja, was ich zu der Schauspielerin noch sagen wollte. Viele, viele Jahre später habe ich erfahren, dass sie Bulimie hatte. Und ja, sie aß ganz viele Karotten — so viele, dass ihre Haut sich Orange verfärbte und bei den Dreharbeiten für Probleme sorgte.

Als Kind habe ich sie soooo bewundert! Richtig idealisiert! Und es war eigentlich eine Täuschung. Doch ich glaubte daran. Und heute? Mehr Täuschung als je zuvor! Und obwohl jede um die Möglichkeiten der Fotoverarbeitung bescheid weiß, schwingt trotzdem ein gefährliches, verlogenes Idealbild mit.

Ich will nicht schimpfen oder moralisieren, sondern eben nur diesen Impuls zum Nachdenken weiter geben. Schönen Tag noch!

September

Der Herbstduft macht sich schon seit einigen Tagen bemerkbar. Am morgen ist es schon recht frisch. Die Luft fühlt sich anders an. Abends wird es immer früher dunkel. Wieder einmal Schulanfang, aber irgendwie berührt es mich nicht — nur beruflich. Meine Kinder sind schon groß und haben ihren beruflichen Laufbahn eingeschlagen. Heute morgen hörte ich ein weinendes Kind auf der Straße. Wollte es nicht in die Schule gehen? Hatte es Bauchweh? Keine Ahnung, aber es erinnerte mich daran, dass die Zeiten vorbei sind.

Passend zu dieser Veränderung, habe ich diese Woche begonnen, auszumisten und die Wohnung umzustellen. (Eine Freundin verbrachte das vergangene Wochenende bei mir und fragte, ob ich den leeren Raum nicht nützen möchte. Ich sagte, „Nein“ aber die Gedanken wurden in Bewegung gebracht!) Das hilft mir, alles zu verarbeiten und in diesen neuen Lebensabschnitt gut einzusteigen. Es war nicht so geplant, aber es geschieht auch rechtzeitig zum Anfang eines neuen Lebensjahres. So ein Zufall!

Ja, am Sonntag jährt sich wieder einmal mein Auftritt auf diesen Planeten. Etwas hat sich nicht verändert: die Liebe zu den Zahlen. Mein Vater feierte vor zwei Wochen seinen 77. Geburtstag. Da musste ich lachen und sagte: „7 x 7 ist 49, und so alt werde ich!“ Eine nette Verbindung. Er freute sich. So kann er sich gut merken, wie alt ich bin — so lange er nicht sein eigenes Alter vergißt!

Im Herzen bin ich noch immer das aufgeregte Kind, das sich auf den besonderen Tag freut — obwohl ich heuer wirklich nicht wusste, was ich machen soll. Ich habe viel um die Ohren im Moment und die Vorstellung von noch mehr Stress… reizt mich nicht.

So habe ich nachgespürt: Was will ich? Unabhängig davon, was ich meine, die anderen von mir wollen könnten. Die Lösung ließ nicht lange auf sich warten. Ich habe eine kleine Frauenrunde zum Kaffee und Kuchen eingeladen. Eine Freundin schrieb sofort zurück, dass sie sich freut und meinte: „Und wir könnten dir helfen, das alte Hochbett von deiner Tochter abzubauen, damit die Wohnung fertig ist.“ Ist das nicht super? Auf die Idee wäre ich nicht gekommen, dass ich sie gleich als Helferinnen einspanne! Aber es passt!

Gestern habe ich bei der Arbeit eine Formel vorgestellt, um mit Wut umzugehen. Heute merke ich: Das habe ich unbewusst auch für den Geburtstag eingesetzt. Wie lautet die Formel?
Erstens: Was ist Sache? Ich habe Geburtstag.
Zweitens: Was macht das mit mir? (Gefühle, Körperempfindungen, Gedanken…) Fühle mich gestresst, unsicher, Spannung im Nacken, lustlos.
Drittens: Was bedeutet es für die Beziehung? Manche werden womöglich enttäuscht sein, aber das kann ich aushalten.
Viertens: Was will ich (von dir)? Das war die Einladung.

Wer mehr davon wissen will, das basiert auf das Kommunikationsmodell der vier Ebenen (Schultz von Thun). Es ist ein lösungsorientierter Einsatz. Wie oft bleiben wir beim zweiten Schritt stehen? Unangenehme Gefühle, Bauchweh, Rückenschmerzen, schlechtes Gewissen mit Wut gekoppelt. Das wird dann eine Weile herumgeschleppt — oft unbewusst.

Wenn aber die nächsten zwei Schritte gegangen sind, sieht es anders aus. Da bin ich aktiv und erarbeite eine mögliche Lösung. Dann erübrigen sich die angestauten Gefühle, oder sogar ein Vermeidungsverhalten. Wenn ich das anspreche und kläre, muss ich dem anderen nicht mehr aus dem Weg gehen bzw. in seiner Anwesenheit fällt der Stress weg. Auch wenn es nicht zur klaren Aussprache kommen sollte, die Klarheit in mir bezüglich „was will ich“ verändert etwas.

Es gibt kleine und große Probleme, aber alles ist eine Übungsmöglichkeit und irgendwann kann es fast automatisch ablaufen. Wie beim Autofahren lernen. Wer erinnert sich an die ersten Stunden und Tage hinter dem Lenkrad? Gas, Küpplung, schalten, Licht, schauen, Einbahn, Vorrang, Fahrverbot, hier und da in einem Moment der Aufregung wurde unabsichtlich der Scheibenwischer betätigt. Da hatte ich schon Zweifel, ob das jemals klappen könnte. Dennoch irgendwann ist es tatsächlich automatisiert.

So ist es. Heute scheint die Sonne und ich habe noch Einiges zu erledigen, da ich heute und morgen Weiterbildung habe. Schönen Tag noch! 🙂