Was sind lange Tage? Arbeitsintensive Tage mit Überstunden? Freie Tage an denen ich in den Tag hinein lebe und nichts plane? Die gewonnene Zeit durch das Rauchfrei-sein? Die zunehmende Helligkeit bis zur Sommersonnwende?
Es stimmt alles. Mir kommt vor, das neue Jahr hat erst begonnen. Doch sind wir schon bald in der Mitte angelangt. Wie kann es anders sein? Es tut sich was! 😉 Das ist fast das Einzige, worauf ich mich verlassen kann: Nichts bleibt gleich. Und doch — manche Einstellungen und Gewohnheiten sind recht hartnäckig!
Die letzten Jahre waren voll mit Arbeit und Weiterbildungen. In den vergangenen Monaten war ich bemüht, etwas zurück zu schrauben. „Das kann doch nicht sein,“ dachte ich mir, „dass ich nur mehr arbeite und lerne!“ Doch war diese Umstellung nicht so einfach. Wer gewöhnt ist, viele Überstunden zu machen, hat am Anfang das Gefühl, faul zu sein. Es ist mir richtig komisch vorgekommen, Freizeit zu erlauben, gestalten und geniessen. Und wie bei der Bulimie, ist es mit zu viel Arbeit auch nicht anders: Rückfälle sind möglich! Auch bei der Arbeit kann es wohltuend sein, zu erkennen: Der „normale“ Einsatz reicht vollkommen! Gar nicht so einfach, in einer Gesellschaft, in der es fast bewundert wird, nah am Burnout zu sein — aber nur so lange man nicht dort angekommen ist. Wenn es kippt, wird men eher nicht ernst genommen. Und auch betroffene Menschen wollen es nicht wahr haben, und sind bemüht, möglichst schnell wieder zu „funktionieren“ — was nicht so schnell geht.
Ein Kurzurlaub hat gut getan — ohne Pläne und Verpflichtungen. Einfach in den Tag hinein gelebt und spontan entschieden, was und ob ich etwas tun wollte. Da sind mir die Tage ganz lang vorgekommen und ich erinnerte mich an meine Kindheit und die endlos langen Ferientage. Ja, es ist wunderbar befreiend, wenn man tagelang nichts vor hat!
Da wären wir dann beim Rauchfrei angelangt. Das ist mir in der Urlaubszeit nicht gelungen. Gute fünf Jahre hatte ich problemlos als Nichtraucherin verbracht, aber inzwischen gute fünf Jahre als Raucherin — mit etlichen Versuchen, damit auf zu hören. So dachte ich mir, wenn ich eine Woche frei habe und meine Seele baumeln lassen kann, dann wird es mit dem Nichtrauchen ein Klax sein. War aber nicht so.
Stattdessen wurde ich nach der Urlaubswoche mit den langen Arbeitstagen rückfällig und rauchte noch mehr. Und ärgerte mich über mich selbst. Inzwischen hatte meine Tochter ein paar Sachen verloren. Nach gründlicher Überlegung beschloss ich, tatsächlich zum Heiligen Antonius zu beten, mit dem Versprechen, dass ich dann mit dem Rauchen aufhöre, wenn er beide Sachen wieder auftauchen lässt, denn es ist ja nicht ohne, mit dem Rauchen aufzuhören. Zehn Minuten später, war der erste Gegenstand wieder da. Ich dachte insgeheim, „Ach, du Scheiße!“ — obwohl ich mich natürlich schon irgendwie freute! Am nächsten Tag traf ich meine Tochter und im Gespräch erfuhr ich, dass sie für den zweiten verlorenen Gegenstand schon einen Ersatz bekommen hatte — noch vor meinem Versprechen an den Antonius. Hmmm, ich hatte das Gefühl, er hätte mich irgendwie reingelegt.
Na gut. Vermutlich ist er empathisch und wird es schon verstehen, wenn ich das Päckchen noch fertig rauche. Ich bin am Abend noch fort gewesen und habe etwas übertrieben. Wer einmal mit irgendetwas aufhören wollte, wird das schon kennen: „Abschied feiern“ nennt es eine Bekannte von mir. Am nächsten Tag plagte mich der Nikotin-Hangover. Mein Versprechen lag mir im Gewissen. Ich schaute mir den Terminkalender für die kommende Woche an — wieder viel zu viel vor! Dann kam die Idee: Wenn viel los ist, vielleicht ist es dann leichter. So war es dann auch.
An dem Tag — es war Muttertag — ist meine Tochter zum ersten Mal alleine in Urlaub gefahren. Am frühen Abend war die Schachtel leer und ich verhandelte noch mit dem Hl. Antonius. Ich würde aufhören, aber weil die zweite Sache eigentlich schon vor dem Versprechen wieder da war, bat ich ihn, dafür zu sorgen, dass meine Tochter auf ihrer Reise nicht „verloren“ geht. Sie sollte wieder gut nach Hause kommen. Ich stellte den „Rauchfrei“ App zum X-ten Mal wieder auf Null und es ging los.
Schon merkwürdig wie so etwas klappen kann. Es sind schon fünf Wochen vergangen (ganz genau: 1 Monat, 8 Tage, 6 Stunden). Klar, Gedanken kommen und gehen, aber es fällt relativ leicht. Und noch immer staune ich darüber, was ich alles an freien Tagen erledigen kann! Freunde treffen, im Haushalt Dinge erledigen, Ausmisten, Sport betreiben — oft mehrere Sachen an einem Tag. Und manchmal richtig Faulenzen! Erstaunlich! 🙂
Und jetzt wenn ich mal einen faulen Tag mache, dann ohne Nebel. Herrlich!
Nun zum letzten Satz vom ersten Absatz — zu den langen, hellen Tagen. Es ist ganz einfach ein Genuss und eine Freude, den hellen Nachthimmel zu erleben. Na ja, bald ist es Mitternacht, jetzt ist es schon dunkel draußen. 😉 Aber bis ca. 22 Uhr war eine gewisse Helligkeit vorhanden.
Bald kippt es wieder und die Tage werden kürzer. Ich wünsche mir und uns allen, dass wir sie in vollen Zügen genießen, schätzen, nützen und bewusst erleben! Da könnte ich schon wieder abschweifen und ein neues Thema anpacken, aber es ist genug für heute. Ich sage nur so viel: In den vergangenen Tagen waren im Bekannten- und Freundeskreis ein paar Todesfälle und die Vergänglichkeit wird wieder mal deutlich spürbar.
Carpe diem. Nutze den Tag. Das kann ich nie zu oft hören. Ich wünsche euch eine wunderbare, besondere Sommersonnwende!