Diese Woche ist Stacey, meine beste Freundin von der Zeit in New York (frühen 80er Jahre), hier zu Besuch. Meine Tochter versteht sich gut mit ihr. Beide sind sehr kreativ, technisch begabt, modebewusst, leidenschaftliche Shopper und unterhalten sich gerne miteinander.
Ich habe nur ein paar Tage frei nehmen können, also bat ich meine Tochter im Voraus, sich um Stacey zu kümmern. Sie willigte enthusiastisch ein. Gleich am ersten Tag zogen sie los zum Einkaufsbummel, während dessen meine Tochter ihr die Stadt zeigte. Heute einigten sie sich spontan, mit dem Zug nach Bregenz zu fahren um dort zu spazieren und die Stadt zu besichtigen. Natürlich haben sie auch ihre Liebe zum Shoppen gepflegt!
Mich freut es sehr. Sie haben Spaß miteinander und ich kann meine Termine wahrnehmen, in dem Wissen, es geht beiden gut. Heute erzählte mir Stacey, dass meine Tochter sie fragte, wie wir uns kennen lernten. Sie meinte, wir sind so verschieden — ihr leuchtet nicht ein, wieso ihre Mutter „so“ eine Freundin hat.
Stacey erzählte ihr ganz behutsam von unserer ersten Begegnung. Wir hatten uns zur Gruppentherapie angemeldet — und waren beide knochig schlank und schwarz gekleidet. Es war Liebe auf den ersten Blick! Das hatten wir gemeinsam. Ansonsten… gegensätzlicher können kaum zwei Freundinnen sein!
Uns verbindet unsere Vergangenheit. Wir haben gemeinsam die ersten wackeligen Schritte zur Gesundheit gewagt. Damals haben wir aber auch ein paar Mal zusammen auswärts „gefressen“ — das war wie ein Ausflug in unsere spezielle Normalität. Irgendwie tat es uns gut, unser Geheimnis zu teilen.
Aber es steckt viel mehr dahinter. Inzwischen kennen wir uns seit 30 Jahren. Wir haben auch sonst viel erlebt — und viel miteinander geteilt. Jede von uns hat etliche Hochs, Tiefs, Erfolge, Enttäuschungen, Verluste und schwierige Familienverhältnisse (vor allem Ursprungsfamilien) hinter sich. Wir waren immer füreinander da. Trotz der Entfernung, haben wir den Kontakt aufrechterhalten.
Wir hatten gemeinsame Krisen, Freude, Spaß, Streit — alles was dazu gehört. In den 80er Jahren gab es noch Telefonhörer. Da haben wir beide schon mal den Hörer hörbar wütend aufgelegt. Wir haben zusammen geweint — mit und für einander. Hier und da waren ein paar ruhige Jahre dazwischen, aber unsere Verbindung brach nie ab. Dafür bin ich dankbar.
Ja, es ist vielleicht komisch. Sonst sind meine FreundInnen mir irgendwie ähnlicher. Und doch sind wir nicht so verschieden. Äußerlich und in der Persönlichkeit vielleicht schon, aber im Herzen stark verbunden.
Wie auch immer, ich finde es toll, dass die zwei sich über so viele verschiedene Dinge unterhalten und finde es spannend, dass meine Tochter sie so etwas fragt. Und ich freue mich sehr auf morgen. Ich habe frei und wir werden den Tag zu dritt verbringen!