In letzter Zeit geht es bei mir recht auf und ab. Ich dachte mal darüber nach, warum wir uns manchmal so schwer tun, zu weinen. Ich musste am Ende meines Heimaturlaubes mehrmals Abschied nehmen von meinen Lieben. So erwischte ich mich dabei, dass ich mich fast zurückzog und abwartete, bis derjenige weg war, damit ich in Ruhe weinen konnte. Danach war ich enttäuscht, denn ich hätte doch lieber eine ausgiebige Umarmung gehabt als einen schnellen „Tschüß!“ Laut meiner Theorie, wäre es besser, sich die paar Tränen zu gestehen, als sich so zu bemühen, sich unter Kontrolle zu halten. Es dauert höchstens drei Minuten. Danach ist man wieder ganz bei sich. Doch im Ernstfall hielt ich mich nicht daran.
Ich nahm mir vor, daran zu arbeiten. Aber ein paar Tage später, kam der Dammbruch. Auf einmal waren es nicht die paar Tränchen, sondern alles lief schief, ich war überfordert, müde, traurig, enttäuscht, alte Geschichten kamen hoch … einfach überwältigt von einem tiefen, fast schmerzhaften Gefühl, das mich dazu veranlasste, viel länger als nur drei Minuten zu weinen. Und immer wieder aufs Neue.
So verbrachte ich ein paar Tage in Trauer. Das ist halt so. Manchmal überkommt einen einfach alles auf einmal. Aber auch das gehört zum Leben dazu, und es geht vorbei. Ich merkte es stark bei meiner neuen Arbeit. Nachdem ich ewig nicht mehr gearbeitet hatte und eigentlich auch kaum spezifische Erfahrung mitbringe, durfte ich bei einem Job beginnen, der auch viel Lebenserfahrung verlangt. Lebenserfahrung habe ich.
Die erste Arbeitswoche habe ich hinter mir. Von Tag zu Tag wurde es besser. Zu Beginn fragte ich mich, was ich mir dabei gedacht hatte, mich zu bewerben. Es war viel zu viel und ich sah nicht durch. Am anderen Tag ebenfalls nicht. Mit der Zeit merkte ich, dass ich doch etwas mehr Ahnung hatte. Das fiel mir auf, als ich mit einer Freundin redete, und in groben Zügen erzählte was ich alles machen muss und nicht weiß — ich weiß doch schon viel!
Gestern war überhaupt besser, und es tat gut, dass meine Kollegin mich daran erinnerte, dass ich eigentlich einen Monat Zeit habe, mich einzugewöhnen! Das hatte ich vergessen. Meine Latte ist recht hoch und ich erwarte sehr viel von mir. Die Kollegin meinte, ich muss mir einfach Zeit lassen, und immer mit der Ruhe weiter machen. Es erwartet keiner von mir, dass ich sofort alles kann. Sie wissen, dass ich bemüht bin und sie haben Verständnis dafür, dass ich etwas Zeit brauche.
Dieses Verständnis möchte ich für mich selbst aufbringen. Es geht nicht alles von heute auf morgen. Je nach dem, was ich schon kann, dauert es einfach, etwas Neues zu lernen. Eigentlich ist es wie beim Autofahren. Wenn ich zurückdenke an die ersten Fahrstunden — es war ein Horror! Damals konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen, dass ich einmal entspannt, Musik hörend und voller Freude eine lange Autofahrt ins Blaue unternehme. Das mache ich heute liebend gern.
Also, die Moral der Geschichte: Lass dir Zeit! Wir sind alle nur Menschen. Wenn wir unser Bestes geben, bemüht und aufrichtig sind, wird es schon hinhauen. Wir brauchen Geduld und Verständnis — für uns selbst und für andere. Was ich immer wieder merke: Meine Frustsituationen erweitern mein Verständnis für andere Menschen in ähnlichen (oder auch anderen) schwierigen Lagen. Andererseits, wenn ich Fortschritte mache, bin ich froh, etwas dazugelernt zu haben. Jedes neue Kapitel — ein Baby, neuer Partner, neue Arbeit, neues Zuhause — was auch immer es ist, bietet uns die Möglichkeit, neu zu beginnen und viel dazu zu lernen. Das Leben ist ein Dauerprozess und bleibt einfach spannend.