Wache auf und lerne, Nein zu sagen!

Wie kann ein Fahrrad eine Quelle der Einsicht und Weisheit sein? Eigentlich, wenn ich so nachdenke – Motorradwartung ist es ja auch! Oft sind es die Dinge, die wir nicht wollen, die uns den Antrieb geben, uns weiterzuentwickeln. Der Fahrradunfall passierte auf einem Rad, das ich nie wollte. Ich hatte es sogar an dem schicksalsträchtigen Vormittag noch verflucht, bevor ich losradelte. Es verspottete mich mit der Erinnerung, dass ich wieder einmal nicht Nein sagen konnte.

Warum habe ich dieses Fahrrad? Weil jemand davon überzeugt war, dass er mir etwas Gutes tut. Aber das alte Fahrrad war meiner Familie auch peinlich, was ich jetzt einfach dumm finde. Es war alt, das stimmt. Aber es war verlässlich, erprobt, hatte einen sanften Bremsmechanismus, und ich konnte es vor jedem Geschäft ungesichert abstellen. Keiner klaut so ein altes Fahrrad! Es war einfach perfekt.

Dadurch, dass ich nicht Nein sagte, brachte ich mich selbst in Gefahr. Diese Unfähigkeit, Nein zu sagen, hat mir schon viel Ärger und Leid verursacht. Doch war noch ein Blitzeinschlag in der Form eines Unfalls notwendig, bis ich es endlich kapiere. Ein Blitz der mich einbremst, damit ich aufwachen kann.

Denk mal nach. Das nächste Mal, wenn jemand dir einen Gefallen aufzwingen will, darfst du klar, freundlich und bestimmt sagen: „Nein, danke. Das ist sehr lieb gemeint von dir, aber ich will es nicht.“ Wie bei mir, werden sie vielleicht versuchen, dich so lange zu hänseln und bearbeiten, bis du nachgibst. Bleib stark! Prinzipiell bin ich nicht gegen Veränderung, aber schon wenn ich dazu genötigt werde. Jetzt habe ich es begriffen. Wenn sie mich und meine Vorlieben nicht akzeptieren können – was eigentlich nur mich angeht – ist das ihr Problem. Nicht meins.

Seit dem Unfall, sind die Türen und Fenster meiner Seele wie durch einen kräftigen Windstoß offen gesprengt. Einsichten stürmen herein. Durch den Sturz sind einige Teile von mir zurück an den richtigen Platz geschüttelt worden. Die Unfähigkeit Nein zu sagen ist ein wiederkehrendes Thema in meinem Leben.

Ein anderes Thema ist Spiritualität, die ich als Jugendliche stark wahrnahm, aber mit den Jahren verlor. Ich verlor sie zum Teil weil die Bulimie meine ganze Zeit und Energie beanspruchte. Und danach ging ich eine Beziehung mit einem Menschen ein, der mit Spiritualität nichts anfangen kann. Ob etwas dran ist oder nicht, um das geht es gar nicht. Es geht darum, dass Spiritualität ein Teil meines Wesens ist. Sie gehört zu mir.

Jeder von uns hat besonderen Qualitäten, auch wenn wir manche mit der Zeit vernachlässigen – aus welchem Grund auch immer, was jetzt auch nicht weiter wichtig ist. Hauptsache ist, dass diese wichtigen Anteile von uns anerkannt und zurückgeholt werden sollen, besonders wenn sie mit unserem Lebenssinn und unserer Bestimmung verbunden sind. Wenn wir uns davor drücken oder Konflikte aus dem Weg gehen, bleibt uns trotzdem nichts erspart. Das Universum muss sich einfach drastischeren Maßnahmen bedienen. Das sage ich nicht als Drohung, sondern als Ermutigung. Wenn deine Intuition dir etwas sagt, höre auf sie. Wenn dein Herz dir das auch sagt, wieder und immer wieder, vielleicht solltest du etwas unternehmen. Das schreibe ich natürlich mit dem Verständnis, dass diese Zeichen positiv sind, und dass keiner dabei verletzt wird oder zu Schaden kommt, wenn wir der inneren Stimme folgen.

Hätte ich zum Fahrrad und zu manchen Forderungen meiner lieben Tochter früher Nein gesagt, wäre der Unfall nie passiert. Dann hätte ich die Verbindung zu meinem Selbst gepflegt und wäre ihr gefolgt. Aber das tat ich nicht. Also brauchte ich den Unfall, damit es mir richtig in den Kopf eindringt. Ich hoffe, das ergibt einen Sinn. Es gibt so viel, das ich sagen will. Meine Gedanken rasen vorwärts, voller Einsicht und Inspiration. Aber es klingelte gerade an der Tür, so werde ich das als Zeichen nehmen und Schluss machen. Merkwürdig ist, wie sich alles im Kreis dreht – immer anders, doch immer gleich. Das erinnert mich an eine Zeile aus einem Lied von den Talking Heads: so, wie es immer war – same as it ever was. Lass das Leben nicht an dir vorbei fließen! Welches Lied? „Once in a Lifetime“